Am 19. und 26. Februar war es so weit: Wir, die zehnten Klassen, fuhren für 5 Tage ins Europahaus nach Bad-Marienberg und ahnten nicht, was uns die nächsten Tage erwarten würde.
Nachdem wir unsere Koffer in die Zimmer gebracht hatten, ging auch schon das erste Seminar los, in dem wir zunächst in drei Gruppen unterteilt wurden. Unser „Plan“, sich so aufzustellen, dass wir mit unseren Freunden zusammenkamen, wurde leider vereitelt, weshalb wir unsere politischen Fortbildungen in buntgemischten Gruppen verbringen würden. („pädagogischer Sinn“) Nach der ersten Seminarrunde, in welcher wir uns größtenteils vorstellten und über das bevorstehende Programm sprachen, aßen wir im Speisessaal und hatten danach bis 14:00 Uhr Pause, um uns mental auf die zweite Runde (14:00-17:00 Uhr) vorzubereiten. Nun stand das erste Mal „Action“ an. Wir wurden innerhalb unserer Seminargruppen wieder in kleinere Gruppen geteilt, die jeweils ein fiktives Land vertreten mussten. Aufgabe war es, die Länder durch Handel auf dem Kontinent wieder aufzubauen. Jedoch war dies nicht so einfach, da man nur ein paar Utensilien, wenig Geld sowie wenig Ahnung von dem richtigen Umgang damit hatte. Dann, als man gerade dachte, man hätte es geschafft: „Naturkatastrophe“. Alles wurde zerstört und man musste von neu anfangen. Wir wurden auf „gut deutsch“ gesagt ins „kalte Wasser“ geworfen und hatten bis auf ein paar wenige Regeln keinen Plan davon, wie wir irgendwas machen sollten. Nach dem Schock und ein wenig Frustration zwischendrin, verstanden wir den Sinn des Spiels und hatten somit doch ein wenig Spaß. Der erste Tag endete nach dem Abendessen mit einem gemeinsam verbrachten Abend beim Bowlen, wo sich unsere Lehrer unter Beweis stellten. Spoiler: Team Lehrer (Filatzek/Maas/Müller) gewann 😉
Tag zwei drehte sich rund um das Europäische Parlament. Nach einem kleinen Crashkurs bekamen wir Zeit Vorträge zu verschiedenen Themen rund um die EU vorzubereiten. Klingt einfach? War es nicht, denn wir durften keine der uns bekannten Apps oder Programme benutzen. Also hieß es tschüss „PowerPoint“ und hallo „Adobe Express“ und co. Nach einer kurzen Pause ging es dann ausgeruht und vorbereitet an die Vorträge, zu denen unsere Lehrer natürlich eingeladen wurden. Anstrengendster Teil geschafft? Falsch gedacht, denn jetzt ging es erst so richtig los. In der zweiten Seminarphase wurde geackert und wieder geackert. Wir mussten in Kürze eine eigene Partei gründen, ein Werbevideo drehen und uns kritisch mit der Frage „Wofür wollen wir stehen?“ auseinandersetzen. Trotz des Zeitdrucks entstanden viele Parteien, welche Werte vertraten, die wir uns bei der heutigen Regierung wünschen würden. Zunächst waren wir skeptisch, solche Projekte ohne Anweisungen und mit so wenig Zeit auf die Beine zu stellen. Doch durch genau diese Aufgaben wurden wir aus unseren Komfortzonen gelockt und staunten nicht schlecht über die Erkenntnis, zu was wir tatsächlich in der Lage waren. Nach dem Abendessen begann unsere erste wirkliche Freizeit: Bad Marienberg erkunden, Tischtennisturniere im Keller usw. Erstmals merkten wir, dass die zuvor bemängelte pädagogische Aufteilungsstrategie wirklich ihren Zweck erfüllte. Denn zum Frust unserer Lehrer verbrachten wir fast die ganze Nacht gemeinsam auf den Fluren. So wurden neue Kontakte geknüpft und die Gemeinschaft untereinander gestärkt.
Mittwochs fing unser Tag anders an als sonst. Direkt nach dem Frühstück ging es für uns auf eine 1,5 stündige Busfahrt nach Bonn ins Haus der Geschichte. Dort angekommen, bekamen wir Kopfhörer, um unsere Guides perfekt hören zukommen, mit welchen wir uns die große Ausstellung anschauten. Wir durchliefen einmal die komplette deutsche Geschichte und sahen allerlei Dinge von Briefen bis hin zu Autos und Kleidung. Eine halbe Stunde durften wir das Museum auf eigene Faust erkunden und uns die für uns interessanten Dinge im Detail betrachten. Anschließend fuhren wir in die Bonner Innenstadt, um 2,5 Stunden das zu tun, was wir wollten: shoppen, essen gehen, die Stadt erforschen… für jeden war etwas dabei. Nicht verwunderlich also, dass wir alle traurig in den Bus zurück nach Bad Marienberg stiegen.
Der vierte Tag war mein Favorit. Morgens mussten wir uns für die bevorstehende Kongresssitzung vorbereiten. Wir suchten uns unsere Länder/Positionen und unsere Rollen aus, wählten die Themen, die wir besprechen wollten und bekamen daraufhin Rollenbeschreibungen/ Informationen über unser Land und unsere Meinungen zu den gewählten Themen. Nach dem Durchlesen unserer Standpunkte wussten wir: Das wird interessant! Frisch rausgeputzt in Business-Kleidung ging es dann zur 3,5 stündigen Kongresssitzung. Die Themen unterschieden sich je nach Gruppe, aber reichten von „Neues Motto für die EU?“, „Migranten?“ bis hin zu „Frauenrechten“, „Klimawandel“ und „Ukraine in die EU?“. Alles sehr schwierige Streitthemen. Aber als ob das nicht schon schwierig genug wäre, mussten wir unsere Meinungen hintenanstellen, in unsere zuvor gewählten Rollen schlüpfen und deren Standpunkte vertreten. So entstanden viele hitzige Situationen. Frankreich und Ungarn waren gegen jeglichen Vorschlag, waren rassistisch und nicht wirklich kompromissbereit. Italien wollte politische Jobs für Frauen unattraktiv machen, damit diese ja mehr Kinder kriegen, die Kommission war genervt und die Länder stritten sich. Wir verstanden erstmals, wie schwer so etwas in Echt wohl sein muss. Nach langen Diskussionen beendeten wir unsere wirklich produktiven Unterhaltungen und verbrachten unseren letzten Abend, welchen wir nach langem Betteln bis 23:00 strecken durften, zusammen und tauschten uns über die vergangenen Tage aus.
Der 5. und somit letzte Tag endete mit einem letzten Seminar. Wir machten Quizze jeglicher Art und sammelten Punkte, um den Wochensieger zu bestimmen. Mit diesem Abschluss war die politische Weiterbildungsfahrt auch schon zu Ende. Unser Fazit: So schlimm, wie jeder über diese Fahrt spricht, ist es wirklich nicht! Man muss sich nur drauf einlassen. Dennoch hatte es nicht allzu viel von einer Klassenfahrt, da wir keine Zeit nur als Klasse hatten.
Pheeby Stalyga (10C)